Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Notfallretter werden Qualitäts-Manager

von Carsten Friese, HSt

Im Rettungsdienst des Unterländer Roten Kreuzes wird auf Qualitäts-Management gesetzt. Jetzt ist nicht nur der tägliche Fahrzeug-Check und die exakte Anordnung von Instrumenten im Rettungswagen penibel genau vorgegeben. 16 Monate haben die Beauftragten im Kreisverband Heilbronn getüftelt und erprobt, was am Ende in einem „QM“-Handbuch 143 Dokumente füllt. Seit drei Monaten steht das Werk als verpflichtende Vorgabe in jeder Rettungswache und ist auf jeden Rechner geladen.

Als „Kraftakt“ bezeichnet DRK-Geschäftsführer Ludwig Landzettel den Aufwand. Ziel war in erster Linie, „das gute System noch besser zu machen“ und Strukturen in allen Wachen und Rettungswagen zu vereinheitlichen. Mitarbeiter sollen bei einem Austausch zwischen den Wachen „keine Irritationen“ erleben. Andererseits verweist Landzettel auf die „Großwetterlage“, dass der Trend in Europa immer mehr zu zertifizierten Betrieben gehe. Dass sich in Baden-Württemberg bald polnische oder französische Firmen um den Rettungsdienst bewerben, glaubt Landzettel zwar nicht. Im Landesgesetz ist geregelt, dass das Land den Rettungsdienst an die Verbände vergibt. Im Zuge weiterer EU-Vereinheitlichungen ist die weitere Zukunft aber unklar. In Nordrhein-Westfalen und Sachsen gibt es bereits europaweite Ausschreibungen.

Jetzt hat der DRK-Kreisverband ein TÜV-Zertifikat erhalten, nach dem der Rettungsdienst ein Qualitäts-Management aufgebaut hat. Eine Urkunde wird der TÜV Süd am Donnerstag in Heilbronn überreichen.

Zig Vorschriften müssen den Notfallrettern in Fleisch und Blut übergehen. Eine lautet, dass jede Rettungswagen-Besatzung einen Tagesbericht über verbrauchtes Material im PC speichert. Früher ging dies per Zettel oder auf Zuruf. „Das System hat funktioniert, aber es war nicht einheitlich“, sagt Landzettel. Nun ist klar festgelegt, dass bei halb leerem Tank Sprit nachgefüllt wird und der Beatmungsschlauch in der ersten Frontschublade links und Kompressen in Reihe eins im Ausziehschrank liegen müssen. Das einheitliche System „kann im Notfall ein paar Sekunden bringen“, ist Rettungsdienstleiter Lothar Reinhard sicher. Wann Medikamente zu überprüfen, wann Wache und Desinfektionsraum zu reinigen sind, wann und wie der Fahrzeugcheck erfolgen soll, sind weitere Beispiele. Ein Bürokratie-Ungetüm für die Mitarbeiter? Sie waren „an der Entwicklung beteiligt“, sieht „QM“-Beauftragter Bernd Kümmel bei der Akzeptanz keine Probleme. Auf das fertige Werk seien die Mitarbeiter „neugierig“ gewesen.

Rund 15 000 Euro Sachkosten hat das DRK in das Qualitäts-Management gesteckt. Keine Quantensprünge, „aber kleine Sprünge“ sind für Landzettel das Plus. „Man kann mit dem Handbuch nicht besser Blutdruck messen“, zieht Bernd Kümmel einen plastischen Vergleich. Die Leistung für die Patienten werde aber insgesamt besser. Auch das ist neu: 500 Patienten hat der Kreisverband angeschrieben und um Schulnoten für Parameter wie Freundlichkeit, Wartezeit, Fahrweise beim Transport oder Informationen im Wagen gebeten. Schneller werden die Retter durch „QM“ indes nicht zum Unfallort brausen. Durch die Fahrphysik und den Verkehr auf den Straßen, sagt Lothar Reinhard, „ist nicht mehr drin“.

Nicht nur im Rettungsdienst, auch in der Breitenausbildung hat das DRK das Qualitäts-Zertifikat bekommen. Rund 13 000 Menschen werden pro Jahr in DRK-Kursen ausgebildet, zum Beispiel in Erster Hilfe. Ausbildungsleiterin Ursula Hertner ist heilfroh um den neuen Titel. Ab 2008 „hätten wir wohl keine Chance mehr, ohne die Zertifizierung Kurse mit der Berufsgenossenschaft abzurechnen“.

Bild: Im Rettungsfall muss jeder Handgriff sitzen. Verbesserungen für Notfallpatienten erhofft sich der DRK-Kreisverband durch das neue Qualitäts-Management.

Foto: dpa