Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Mit der Schneehexe auf heiklem Terrain

Talheimvon Rolf Muth, HSt

Bodenmais im Winter - eine beschauliche Idylle, die angenehme Abfahrten, hunderte Kilometer Langlaufloipen und stundenlange Schneeschuh-Wanderungen ermöglicht. So kennt der 24-jährige Talheimer Feuerwerwehrmann Thomas Lust den 714 Meter hoch gelegenen Urlaubsort in Niederbayern seit 20 Jahren.

Die Bilder von der Schneekatastrophe in der Zeitung und im Fernsehen erschrecken ihn. Sie haben nichts gemein mit dem harmonisch verklärten ländlichen Leben im niederbayrischen Touristendörfchen. Am Fuße des Großen Arber, dem höchsten Berg in Bayern außerhalb der Alpen, herrscht Krisenstimmung. ?Der Schnee drückt uns die Dächer ein?, schildert Albert Tremel aus Bodenmais seinem Bekannten Thomas am Telefon die heikle Lage.

Bei einer Übung am vergangenen Montag im Talheimer Magazin schlägt Lust spontan eine Hilfsaktion vor. Acht Kameraden erklären sich sofort bereit, mit in den Bayerischen Wald zu fahren. Am Ende spielen nicht alle Arbeitgeber mit, so dass sich mit Thomas Lust, Otto Tremmel und Andreas Schwarz ein einsatzfreudiges Trio auf die 360 Kilometer lange Strecke macht.

In Bodenmais hat Kommandant Alfred Weikl über 560 Männer aus ganz Bayern im Einsatz. Die ?Überlandhilfe? aus Baden-Württemberg ist willkommen. ?Das macht nicht jeder?, zollt er den Kameraden aus Talheim großen Respekt. Im Gespräch mit der Heilbronner Stimme skizziert er die brenzlige Situation: Bis zu 2,50 Meter hoch türmt sich der Schnee auf den Dächern. Weikl: ?Seit Mitte November hat sich die Lage immer mehr zugespitzt.? 350 Kilo Schnee lasten auf jedem Quadratmeter. ?Mit dem einsetzenden Regen ist das am Ende schnell eine Tonne Dachlast pro Quadratmeter. Daher ist in Bodenmais jede helfende Hand hoch willkommen.?

Kaum sind die drei Talheimer eingetroffen, werden sie mit der Drehleiter bereits aufs erste Dach gehoben. Angeseilt, mit Schippe und Schneehexe ausgerüstet, beginnt eine mühsame und gefährliche Arbeit, die erst spät in der Dunkelheit endet und sich bereits am frühen Morgen fortsetzt. ?Eine Knochenarbeit?, schildert Thomas Lust den anstrengenden Job. Die Handschuhe werden nass, die Finger klamm. Seine Kameraden aus Bayern sind schon eine Woche lang im Einsatz. Sie spüren keine Knochen mehr: ?Die sind brotfertig.?

Am Donnerstag Abend dann die Entwarnung. Alle Dächer sind abgeräumt. Der Katastrophenalarm wird aufgehoben. Kreisbrandmeister Christian Stiedl bedankt sich bei den zahlreichen abkommandierten Helfern aus ganz Bayern und lobt insbesondere die freiwillige Hilfe aus dem Landkreis Heilbronn.

Wenn im 3335 Einwohnern zählenden Dörfchen im Mai der Schnee längst geschmolzen ist und der Maibaum zum Fest aufgestellt wird, sollen auch die Talheimer dabei sein. Das wünschen sich Bodenmais? Bürgermeister Fritz Wühr und Feuerwehrchef Alfred Weikl.

Bild1:
Die Talheimer Floriansjünger Thomas Lust und Andreas Schwarz (oben links) wurden im Drehleiterkorb aufs Dach gehoben. Tonnenschwere Schneelast drohte, die Dächer in Bodenmais einzudrücken.

(Fotos: Feuerwehr)