Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Im Seelenraum ist auch Platz für Hartgesottene

Eppingenvon Steffan Maurhoff, HSt

In letzter Zeit , gibt der Eppinger Feuerwehrkommandant Reinhard Frank (60) offen zu, in letzter Zeit träume ich manchmal davon. Von den Bildern, die er bei Einsätzen sah und Szenen, die er erlebt hat. Gut, dass da noch die Kameraden sind, die miteinander auch darüber sprechen können.

Seit 1963, Frank war damals 18 Jahre jung, ist der erfahrene Feuerwehrmann mit Leib und Seele dabei. Wenn er über diese Arbeit spricht und über die Menschen, die sie im Ernstfall zu erledigen bereit sind, kommt er zu einer schlichten grundsätzlichen Einschätzung: Feuerwehrleute sind besondere Leute. Da muss man halt ein bisschen anders sein.

Bereit sein, freiwillig und ehrenamtlich jederzeit auszurücken. Bereit sein, in den Einsätzen einiges auszuhalten. Schließlich geht es bei der Feuerwehr längst nicht mehr nur um Brandschutz - obwohl natürlich auch dabei Belastendes erlebt werden kann -, sondern spätestens seit der Ausrüstung mit Spreizer, Seilwinde und Rüstwagen vor 25 Jahren um technische Hilfe, bei der man manchmal sehr direkt mit grauenhaften Qualen Anderer konfrontiert wird. Das Schlimmste ist, wenn Kinder dabei sind, oder Leute, die man kennt , denkt Frank.

Freilich haben die Wehrleute Schutzmechanismen. Der stellvertretende Eppinger Feuerwehrkommandant Martin Kuhmann (40) sagt von sich: Ich habe das Glück, dass mir das nichts ausmacht. Ich will in erster Linie den Leuten helfen. Das läuft dann ab wie ein Film.

Ich konzentriere mich auf das, was ich machen muss, sodass ich gar keine Zeit habe, über das Andere nachzudenken , beschreibt der 18 Jahre junge Feuerwehrmann Andreas Waidler, der bei der Eppinger Wehr in die Fußstapfen seines Vaters Dietmar (44) tritt. Ich habe nicht unbedingt hingeguckt, wo es nicht sein musste , weiß Reinhard Frank eine weitere Art des Selbstschutzes.

Und doch gibt es diese Bilder, die man nie vergisst. Etwa bei jenem Autounfall in Mühlbach Anfang der 80er-Jahre. Als die Eppinger Wehrleute dazu kamen, haben zwei der vier späteren Unfallopfer noch gelebt. Man half fieberhaft. Und doch weiß Frank noch heute, was ihm durch den Kopf schoss, als er an den Straßenrand blickte: Jetzt gucken noch ein Paar Füße mehr unter der Decke vor. Auch Martin Kuhmann war schon häufig mit Extremsituationen konfrontiert. Etwa der, als ein Türke vom Tod seines Kindes erfuhr - und sich im Schmerz das Hemd am Leib zerfetzte und büschelweise Haare ausriss.

Mittlerweile tun die Eppinger Helfer, was sie früher eher mieden: über solche Themen reden. Nicht umsonst trägt der gemütliche Kabuff mit Sitzgruppe unterm Dach des Feuerwehrhauses die inoffizielle Bezeichnung der Seelenraum . Hier kann man sprechen. Das ist doch keine Schwäche , findet Martin Kuhmann. Selbst dann, wenn mal Tränen fließen.

Eine Stärke der Wehr ist in den Augen von Kommandant Frank die Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder. Jeder Beruf, jedes Alter und jede Lebenserfahrung sind verteten: Da sind Leute dabei, die andere mit Fingerspitzengefühl unter ihre Fittiche nehmen können.

Und so junge Wehrleute wie Andreas Waidler? Wir werden in der Ausbildung langsam hingeführt auf das, was alles kommen kann. Nach technischen Übungen folgen Einsätze mit erfahrenen Feuerwehrkollegen. Dazu kommt ein ehrlicher Umgang mit sich selbst - wenn man zu sehr betroffen ist, das bemerkt und sich auch eingesteht: Wir müssen lernen, uns selber einzuschätzen.