Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Im Notfall stecken die Retter in der Zwickmühle

Obersulmvon Thomas Senger, HSt

Scheinbar nur ein brennender Ast in der Oberleitung, an dem sich die Gemüter erhitzen. Doch für die Feuerwehrleute in Obersulm geht es ums Prinzip: Denn sie mussten eine Stunde am Bahndamm warten, ehe sie aufs Gleis durften. Und ausgerechnet dann rauschte ein Zug vorbei. „Wie wäre das bei einem wirklichen Notfall ausgegangen?“, fragen sie.

Reiner Frisch, der Obersulmer Abteilungskommandant, schnauft durch, wenn er an den Vorfall am frühen Nachmittag des 12. August denkt. „Was machen wir, wenn ein Mast auf einen Zug fällt, wenn die Leute in den Abteilen schreien, wenn sie sehen, dass die Feuerwehr dasteht und zuguckt?“

Er sieht sich und seine Leute in der Zwickmühle: Eine Stunde lang zugucken müssen oder unerlaubt Hilfe leisten. Dazwischen müsste er im Ernstfall wählen. Er fordert Klarheit von den Verantwortlichen. Und schnellere Reaktionszeiten sowie bessere Abstimmung zwischen Notfall-Leitstelle der Bahn und deren Notfall-Manager vor Ort.

Die Sachlage ist nicht einfach. Selbst bei einem simplen brennenden Ast nicht. Denn in diesem Fall hatte der Notfallmanager falsche Handynummern gespeichert. Dies sei mittlerweile behoben, bekräftigt die Deutsche Bahn in Stuttgart.

Doch hätte nur ein Gleis gesperrt werden müssen oder die ganze Strecke? Wenn der Einsatzleiter vor Ort dies verlangt, dann ist die ganze Strecke zu sperren, räumt die Bahn ein. Aber: Dies gelte nur außerhalb des Bahnhofbereichs. Der Vorfall habe sich aber noch zwischen den Standorten der Ein- und Ausfahrtsignale ereignet - und somit innerhalb des Bahnhofbereichs von Eschenau. „Das war 500 Meter vom Bahnhof entfernt“, macht hingegen Kommandant Frisch die Gefahrensituation für seine Leute deutlich: Von Affaltrach kommend sei die Situation einsehbar gewesen, aber von Öhringen her keinesfalls. Anders als Straßenbahnen, die jederzeit „auf Sicht“ fahren müssen, können Züge so lange fahren, bis sie ein rotes Signal erreichen.

Weiterer Streitpunkt: die Erdung der Oberleitung. Vor einem Einsatz muss diese erfolgt sein, so die Feuerwehrleute. Denn selbst wenn eine Stromleitung nicht mehr gespeist wird, kann in ihr eine Restspannung von mehreren 1000 Volt vorhanden sein. Die Erdung ist Aufgabe des Notfallmanagers. Er muss eine Verbindung zwischen Leitung und Schiene herstellen.

Und zwar schnell, nicht erst nach einer Stunde, fordert Reiner Frischs Feuerwehrkamerad, der Landtagsabgeordnete Reinhold Gall: „Selbst wenn nur ein Gleis gesperrt wird, muss die Erdung erfolgen. Und es kann einfach nicht sein, dass ein Zug volle Segel durchbrettert.“

Die Feuerwehrleute fürchten, dass mit der angekündigten Schließung der 3-S-Zentrale im Heilbronner Bahnhof auch der Streckenmanager abgezogen wird - und die Anfahrtszeit womöglich noch länger als eine quälend lange Stunde dauern könnte. Wie berichtet, soll die Einrichtung ab Januar 2007 mit der größeren Zentrale im Hauptbahnhof in Stuttgart verbunden werden. Diese Sorge sei unberechtigt, entgegnet die Bahn. Die Einsatzbereiche der Notfall-Manager seien schließlich mit den Bundesländern vertraglich vereinbart worden und würden durch maßgebliche Faktoren wie Topografie und Verkehrsverhältnisse bestimmt.

Für die Obersulmer Feuerwehrleute geht es zunächst einmal um die 9,6 Kilometer Strecke, für die sie zuständig sind. Sie wünschen ein Gespräch mit der Bahn. Zumindest hier stehen die Signale schon in den nächsten Tagen auf Grün, war in Stuttgart zu erfahren.

Bild: Die Feuerwehr will aufs Gleis, und plötzlich rauscht ein Zug vorbei. Ein Vorfall an der Strecke Heilbronn-Öhringen sorgt für Ärger. (Foto: Andreas Veigel)