Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Die Erleichterung nach dem Sturm

Landkreis Heilbronnvon Redaktion HSt

Die Furcht vor dem Orkan war groß, die Erleichterung nach dem Sturm ebenfalls: „Kyrill“ hat in der Nacht zum Freitag in unserer Region zwar Spuren hinterlassen, Schreckensmeldungen wie aus anderen Teilen Deutschlands aber gab es nicht. Lediglich von zwei leicht Verletzten wusste die Unterländer Polizei gestern: In Untergruppenbach schleuderte der Sturm einem Mann eine Tür gegen den Arm. In Massenbachhausen wurde jemand von einer Eternitplatte am Kopf getroffen und verletzt.

Mit über 150 Notrufen meldeten die Unterländer mehr als 40 Stellen, an denen Bäume umgestürzt waren. Der Sturm verdrehte Ampeln, knickte Verkehrszeichen ab und wehte drei Anhänger um, einen davon auf ein geparktes Auto in Oedheim. In Neckarsulm stürzte ein Lastwagen um, bei Cleebronn ein Fernmeldemast. Einige Ortschaften wie Züttlingen und Siegelsbach waren vorübergehend ohne Strom. Bis zum frühen Morgen saßen eine dreiköpfige Familie und zwei Autofahrer in Oberstenfeld-Prevorst fest. Vom höchstgelegenen Ort im Kreis Ludwigsburg aus gab es kein Weiterkommen, weil die Straßen in alle Richtungen gesperrt waren.

Ersatzbusse Wie viele Menschen nach dem Stopp des Bahnverkehrs in Heilbronn gestrandet sind, hat niemand gezählt. „Wir haben versucht, alle in Sammeltaxis an ihren Zielort zu bringen“, sagte eine Sprecherin der Bahn. Auch die Stadtbahn hatte ihren Betrieb eingestellt und Ersatzbusse eingesetzt.

Der Orkan „Kyrill“ blieb in der Region Heilbronn ein schwerer bis orkanartiger Sturm. Maximal 98 Stundenkilometer registrierte Wetterbeobachter Roland Rösch in Heilbronn-Böckingen - Windstärke 10. An der Öhringer Wetterstation brauste „Kyrill“ mit bis zu 110 Stundenkilometern (Windstärke 11) übers Land. Tempo 107 notierten die Wetterfrösche in Stuttgart als Spitzenwert. Orkanstärke 12 erreichte er im ganzen Großraum offenbar nicht. Im Südwesten Deutschlands habe „Kyrill“ angefangen „zu schwächeln“, erklärte Meteorologin Sabine Dielefeld. Das starke Windfeld habe die Region „gestreift“.

Heilbronns Feuerwehrsprecher Günter Baumann zog Vergleiche zum Chaos-Orkan „Lothar“. Damals, 1999, habe „ein enorm starker Grundwind“ geherrscht, aus dem sich extreme Böen entwickelt hätten. Diesen Grundwind habe er dieses Mal nicht so stark empfunden.

„Wir sind im Landkreis mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Jürgen Kuhn, im Kreis-Forstamt für den Holzverkauf zuständig. Die Behörde beziffert die Menge gefallenen Holzes auf 10 000 bis 15 000 Festmeter, zu über 80 Prozent Nadelholz. Zum Vergleich: Im Landkreis werden jährlich rund 180 000 Festmeter eingeschlagen. Im Stadtkreis gibt es laut Forstamtsleiter Thomas Widmaier „keine nennenswerten Schäden“.

Gefahr im Wald Hängende oder nicht mehr fest verwurzelte Bäume können jederzeit umstürzen, warnen Forstleute: Da Lebensgefahr bestehe, sollten die Bürger den Wald in den nächsten Tagen meiden.

Am Tag danach herrscht bei den Dachdeckern im Unterland Hochbetrieb. „Alle Mann im Einsatz“, meldete gestern der Betrieb von Innungsobermeister Michael Knittweis. Die Schäden hielten sich aber in Grenzen. Meist seien nur einzelne Ziegel herausgerissen worden; größere Löcher habe es an der evangelischen Kirche in Böckingen und am Kirchenhaus auf dem Haigern gegeben.

Die Stadt war leergefegt. Viele Veranstalter, so die Volkshochschule Heilbronn oder die Evangelische Erwachsenenbildung, hatten Kurse und Vorträge für Donnerstagabend abgesagt. Das konnte das Heilbronner Theater nicht tun. Zum Auftakt der Reihe „Besuchszeit“ hatte das Haus ein Gastspiel geladen. Die Künstler waren da und traten auf, das Publikum kam nur spärlich. „Wir hatten nahezu keine Abendkasse“, bedauert Theater-Pressesprecherin Nasrah-Alexia Denif. Viele der reservierten Karten seien gar nicht erst abgeholt worden.

Fotos:
1. Die Feuerwehren hatten wie hier in Neckarsulm alle Hände voll zu tun. 213 Feuerwehreinsätze in der Nacht, 23 nach Tagesanbruch listete Feuerwehrsprecher Günter Baumann als Bilanz für Stadt und Landkreis Heilbronn auf. (Foto: Ralf Seidel)
2. Zahlreiche Straßen waren sturmbedingt gesperrt. (Foto: Rabea Sattar)