Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Kreisfeuerwehrverband Heilbronn feiert 60-jähriges Bestehen

Stadt- und Landkreis Heilbronnvon Rolf Muth, HSt

Dass ihnen das pure Adrenalin durch die Adern schießt, sieht man Eberhard Jochim und seinen Kollegen im Neckarsulmer Paulussaal nicht an. Chemieunfall in Heilbronn (wir berichteten). Nahezu unauffällig verlassen einige Feuerwehrleute den Festakt zur Jubiläumsfeier des 60 Jahre alten Feuerwehr-Kreisverbands Heilbronn. Evakuierung?

Bei 1000 Litern Formaldehyd, die im Heilbronner Industriegebiet aus einem Tank ausgetreten sind, muss sich der Chef der Heilbronner Berufsfeuerwehr ein eigenes Bild machen. Auch wenn er später vor 180 Festgästen als Kreisverbandsvize das Schlusswort sprechen soll. Der Unfall am Freitagabend geht glimpflich aus.

Hochmotiviert

Derweil zeichnet Verbandschef Reinhold Gall aus Obersulm im Paulussaal, also dort wo die Gründung am 9. Oktober 1949 unterschrieben wurde, ein Bild von einer hochmotivierten, freiwilligen Truppe, die im Ehrenamt Kopf und Kragen riskiert. Von einem Aufgabenspektrum, das sich von der Brandbekämpfung hin zum technischen Einsatz, etwa bei Gefahrgutunfällen, völlig gewandelt hat.

Dass sich die Feuerwehren aus Stadt- und Landkreis damals zu einem schlagkräftigen Verband zusammengeschlossen haben, bezeichnet Gall als Errungenschaft.

Da pflichtet ihm Dr. Frank Knödler, Präsident des Landesfeuerwehrverbandes und Chef der Berufsfeuerwehr Stuttgart, bei. Früh haben sich die Kameraden im Verband um den Nachwuchs gekümmert. Neckarsulm gründete 1961 landesweit eine der ersten Jugendwehren.

50 Feuerwehrfrauen und -männer musizieren bei den Feuerwehr-Spielmannszügen Ilsfeld und Bad Friedrichshall. Sie begleiteten den Festakt musikalisch. Viele Gönner und Streiter für die Feuerwehr nannte Gall beim Namen. Den Neckarsulmer Anton Pecoroni, der 1959 Kreisbrandmeister wurde, 1962 zudem den Verbandsvorsitz übernahm und diesen 30 Jahre lang innehatte. "Er war ein unermüdlicher Verfechter unserer Anliegen." Kameradschaftshilfe, Versicherungsschutz, Erholungsheim am Titisee wurden in diesen Jahrzehnten auf den Weg gebracht.

Unter der Ära des Bad Wimpfeners Reinhold Korb, der kürzlich den Vorsitz an Gall übergeben hat, wurden unter anderem die Brandschutzerziehung in Kindergärten und Schulen entwickelt sowie die enge Abstimmung mit anderen Einsatzkräften wie Polizei, DRK, ASB und THW forciert. Bernhard Steck, DRK-Kreisverbandsvize, unterstrich die gemeinsamen Bemühungen um die künftige integrierte Leitstelle: "Damit können wir den Menschen Hilfe auf schnellstem Weg zukommen lassen."

Dem früher aktiven Floriansjünger und jetzigem Eberstädter Bürgermeister Timo Frey ist die Angelegenheit der Feuerwehr "eine wichtige Herzensangelegenheit" geblieben. Er unterstrich, wie Herbert Emerich für die Stadt Neckarsulm, die hohe Kompetenz jedes einzelnen Aktiven.

"Die Welt ist nicht schlechter als früher, aber anders", betont Klaus Czernuska, Geschäftsführer der Dieter-Schwarz-Stiftung, bei seinem Festvortrag zu Tugenden und Werten. Er schaut mit Ablehnung auf skrupellose Geschäftemacher, die Giftmüll ins Meer kippen. Blickt auf den risikobereiten Finanzmarkt, der Menschen wertlose Papiere andreht. Aufs eiskalte Sportmanagement, das einen Unfall inszeniert, nur um einen WM-Lauf zu gewinnen. Oder auf gierige Manager, die ein Unternehmen gegen die Wand fahren, nur um selbst Millionen zu scheffeln. "Wenn alle so agieren würden, hätten wir jede Minute die nackte Überlebensangst." Wertevermittlung, und da spricht der frühere Heilbronner Landrat ein altes Problem an, beginne in der Familie.

"Bei den Werten in unserer Gesellschaft brennt es an vielen Ecken." Bei der sozialen Brandbekämpfung sei die Feuerwehr mit ihrem freiwilligen Dienst ein Vorbild. "Jedem wird geholfen, ohne Ansehen der Person, ohne dass zuerst die Kreditkarte gezückt werden muss."

Zahlen und Fakten

Zum Kreisfeuerwehrverband zählen alle Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis und in der Stadt Heilbronn sowie die Berufsfeuerwehr Heilbronn. Der Verband zählt insgesamt 4319 Aktive. Weitere 79 Männer leisten ihren Dienst in der Berufsfeuerwehr, 364 in den Werksfeuerwehren wie Solvay Bad Wimpfen, GKN oder zum Beispiel bei den Raketenforschern in Lampoldshausen. Der Altersabteilung gehören 977 Personen an. Die Jugendfeuerwehr hat 1181 Mitglieder. Auch rund 160 Frauen leisten ihren Dienst bei den Wehren in Stadt und Landkreis. Die erste Feuerwehrfrau war Marlis Fux-Gröger 1979 in Güglingen.

Bild: 50 Feuerwehrfrauen und -männer musizieren bei den Feuerwehr-Spielmannszügen Ilsfeld und Bad Friedrichshall. Sie begleiteten den Festakt musikalisch. (Foto: Dittmar Dirks)