Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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"Da hat man mit der Drehleiter keine Chance"

Heilbronnvon Carsten Friese, HSt

Der verheerende Wohnhausbrand in Ludwigshafen mit neun Toten und 60 Verletzten wirft Fragen auf. Wie gefährlich sind Holztreppen, was ist bei Sprungpolstern zu beachten? Carsten Friese sprach mit Achim Gruber, dem Vize-Kommandanten der Heilbronner Feuerwehr.

In Ludwigshafen stand eine Holztreppe im Treppenhaus sofort in Flammen und versperrte den Fluchtweg. Sind Holztreppen grundsätzlich ein großes Problem bei einem Feuer?

Achim Gruber: Dass die Holztreppe in dem Haus so schnell gebrannt hat, ist für mich unerklärlich. Auch eine Holztreppe hat normalerweise einen gewissen Feuerwiderstand und geht nicht sofort in Flammen auf. Der Brandrauch bei einem Feuer ist gefährlicher einzustufen als eine Holztreppe, weil er sich wahnsinnig schnell ausbreitet.

Wie viele Holztreppenhäuser gibt es denn in Heilbronn?

Gruber: Häuser mit Baujahr 1930 und älter haben zumeist Holztreppen. Da in Heilbronn im Zweiten Weltkrieg relativ viel zerstört worden ist, gibt es weniger Häuser mit Holztreppen. Wie viel Prozent es sind, kann ich nicht sagen, aber auf jeden Fall deutlich weniger als zum Beispiel in Heidelberg.

Aus heutiger Sicht sind Holztreppen nicht verboten?

Gruber: Ab einer Gebäudehöhe von elf Metern sind Holztreppen in Neubauten verboten. Da müssen nicht brennbare Baustoffe verwendet werden.

In Ludwigshafen sind Opfer an Sprungpolstern der Feuerwehr vorbeigesprungen. In einem brennenden Haus geraten Menschen in Panik. Was ist bei Sprungpolstern dennoch dringend zu beachten?

Gruber: Sprungpolster haben eine Grundfläche von 3,50 mal 3,50 Meter, die wird natürlich optisch immer kleiner, je höher man im Gebäude ist. Grundsätzlich aber gilt: Man muss sich etwas abstoßen, um nicht zu nahe an der Fassade zu fallen. Man sollte niemals schräg in Richtung eines Sprungpolsters springen, sondern auf geradem Weg nach unten. Gleichzeitig gilt: Die Beine dürfen nicht senkrecht nach unten weisen, sondern sollen in eine waagerechte Position gebracht werden, so dass sich der Aufprall auf den ganzen Körper verteilt. Die Gefahr von Stauchungen wird so kleiner.

Sind die Feueropfer in Ludwigshafen zu früh gesprungen? Hätte Sie auf die Drehleiter warten sollen?

Gruber: Natürlich ist es besser, wenn die Drehleiter ans Fenster kommen kann. In Ludwigshafen waren aber so viele Menschen in dem Haus, da hat man mit der Drehleiter keine Chance. Die Menschen springen dann, wenn sie den heißen Brandrauch hinter sich spüren.

Wie viele Sprungpolster gibt es in Heilbronn? Und wie schnell ist ein Polster einsatzbereit?

Gruber: Die Feuerwehr Heilbronn hat sieben Sprungpolster. Die Polster sind in einer Hülle zusammengerollt, zusammen mit einer Pressluftflasche. Wird die Flasche aufgedreht, bläst sich das Polster innerhalb von 30 bis 40 Sekunden auf.

Wann war bei uns der letzte Einsatz eines solchen Polsters?

Gruber: Im Jahr 2003 ist eine Frau bei einem Brand in einem Heilbronner Hinterhof aus dem zweiten Stock gesprungen. Sie blieb unverletzt. Ausgelegt sind Sprungpolster bis zu einer Sprunghöhe von rund 16 Metern, das entspricht in der Regel dem fünften Stockwerk.

Bild: Achim Gruber, stellvertretender Kommandant der Feuerwehr Heilbronn (Foto: Dittmar Dirks)