Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Angst vor der nächsten Flut

von Adrian Hoffmann, HSt

Nach dem schweren Unwetter am 30. Mai hat Werner Bauer aus Neuenstadt-Stein einen Entschluss gefasst. Das kann so nicht weitergehen, dachte er sich. Die Holzlatte, die er an diesem schwarzen Freitag zum Schutz vor die Hofeinfahrt gestellt hatte, wurde von den Wassermassen einfach überspült. Also organisierte er sich eine 40 Zentimeter hohe Blechplatte und befestigte sie an einem Rahmen aus Eisenrohren. Die Angst vor der nächsten Flut ist groß. „Ein starker Regen reicht schon“, sagt Bauer. Sobald seine Frau und er jetzt das Haus verlassen, setzt er die acht Meter lange Blechplatte an die Straße.

„Uns bleibt ja nichts anderes übrig“, sagt Bauer. Bis die betroffenen Gemeinden im Landkreis einen ausreichenden Schutz schaffen können für Unwetter des erlebten Ausmaßes werden wohl noch Monate oder Jahre vergehen. Es führt aber kein Weg vorbei. Experten sagen voraus, dass verheerende Unwetter künftig mit Regelmäßigkeit vorkommen können. „Wir gehen fest davon aus, dass wir in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren immer mehr von solchen unwetterträchtigen Phasen bekommen“, sagt Michael Gutwein vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart. Gewitterwolken würden immer wuchtiger daherkommen. „Und wenn eine Gewitterwolke ein oder zwei Kilometer mächtiger ist, steckt da auch mehr Potenzial drin“, erklärt Gutwein.

Voller Schlamm

„Das ist eine nervliche Belastung, wirklich“, sagt Hildegard Lörcher, die in der Straße Alter Berg in Stein zwei Häuser weiter unten wohnt. Sie und ihr Mann Thomas waren schon im vergangenen Jahr betroffen und haben ihre Lehre daraus gezogen. Ein Bretterverschlag zieht sich um Garten und Hof, ein ungewöhnter Anblick in einem Wohngebiet. Fast alle Kellerschächte sind bereits abgedeckt, nur einen hat es am 30. Mai erwischt. Wieder war der Keller voll Schlamm. „Schaden macht klug“, sagt Thomas Lörcher. Und wenigstens auf die Versicherung ist für das Ehepaar Verlass: „Das ging wirklich unbürokratisch dieses Mal.“

Mit Latten gesichert

Die Aufräumarbeiten nach dem Unwetter ziehen sich mancherorts bis heute hin. „Es bleibt uns ja nichts anderes übrig“, sagt eine Anwohnerin in Neudenau. In ihrem Garten liegt noch immer Schlamm, der sich nur hartnäckig entfernen lässt. Zum Nachbargrundstück hin hat sie Holzlatten aufgestellt, denn von da kam die braune Brühe den Hang hinab geschossen. „Unsere persönliche Berliner Mauer“, sagt sie. Vor der Wohnung ihrer Tochter stapeln sich Sandsäcke. „Ich traue der Sache nicht“, so Karl-Heinz Bolg, der sein Haus in der Gartenstraße mit einigen Holzlatten rundum abgesichert hat. „Vielleicht kommt doch nochmal was runter.“  Wenn man auf die Wetterexperten höre, sagt Eckehard Meckes, könne man die Sache mit dem Jahrhundertunwetter ja scheinbar vergessen. „Nur hinstehen und hingucken hat keinen Wert.“ Da müsse sich der Einzelne schon selbst behelfen, meint er. Auch ein paar Meter weiter unten in der Straße sind überall Schutzvorkehrungen zu sehen. Sandsäcke, wohin das Auge schaut. Selbst der Zugang des Weingläser-Lieferanten Böckling ist verbarrikadiert.

Da es überall noch dauern wird, bis Gemeinden gegen Unwetter dieser Art aufgerüstet haben, bleibe letztendlich jedem nur der Eigenschutz, meint Michael Gutwein. „Die Angst ist da bei den Leuten, und sie machen instinktiv das Richtige.“ Familie Warkall in Oedheim will sogar eine Mauer vor der Hecke erhöhen, um sich vor Schlamm zu schützen. Um einen ganzen Meter. Udo Warkall verlässt sich auf niemanden mehr außer auf sich selbst.