Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Bei den Feuerwehren kann man nicht sparen

von Ralf Reichert, HSt

Interview. Der Hohenlohekreis hat seit Juni einen neuen Kreisbrandmeister. Der schwärmt regelrecht von Hohenlohe und will nicht nur beruflich auf dem Land Wurzeln schlagen.

Torsten Rönisch (48) ist seit Juni der neue Kreisbrandmeister im Hohenlohekreis. Das aktive Mitglied der Neckarsulmer Feuerwehr will hier nicht nur beruflich Wurzeln schlagen.

Als Sie im April 2018 im Kreistag vorgestellt wurden, sagten Sie: „Der Hohenlohekreis hat es mir schon länger angetan.“ Warum?

Torsten Rönisch: Wir sind verliebt in den Hohenlohekreis. Die meisten Kurzurlaube verbringen wir hier. Ich fühle mich sehr verbunden mit der Stadt Öhringen, weil sie ein Kleinod ist. Orte und Landschaft im Kocher- und Jagsttal gefallen mir ebenfalls. Die Menschen sind aufgeschlossen. Auch sonst ist hier noch vieles erhalten, was man bei uns im Kreis Heilbronn vergeblich sucht: gut bürgerliche Küche etwa, und vor allem: Ruhe.

Sie hatten Ihre Jobs zuletzt zweimal nach zehn Jahren gewechselt: Wollen Sie diesmal länger bleiben?

Rönisch: Ich möchte für immer bleiben, hierher ziehen und meinen Lebensabend in Hohenlohe verbringen. Das habe ich dem Kreistag gesagt, als die Frage kam: Was ist in zehn Jahren, müssen wir dann einen neuen Kreisbrandmeister suchen?

Nach Ihren ersten drei Monaten im neuen Amt: Ist der Hohenlohekreis auch aus beruflicher Sicht so toll?

Rönisch: Die Strukturen sind meist ehrenamtlich. Mit allen Vorteilen. Die Leute kennen sich aus, sie identifizieren sich mit ihrem Ort und ihrer Feuerwehr. Das ist ein großes Pfund. Man trat mir sehr offen gegenüber, und ich denke, ich tue das auch. Die Kommandanten, die Feuerwehrleute: Wir sprechen die gleiche Sprache. Sie wissen: Da kommt einer von der freiwilligen Feuerwehr, in ihm fließt unser Blut.

Gibt es wirklich nichts Kritisches?

Rönisch: Die Fahrzeugausstattung oder die Motivation aufrecht zu erhalten, ist nicht mehr so einfach wie früher, weil die Feuerwehrleute stärker beruflich und familiär eingespannt sind. Wir dürfen sie nicht überfrachten und müssen schauen, dass sie mit den Einsätzen gut leben können: psychisch und physisch.

Der demografische Wandel schreitet voran. Ist genügend Nachwuchs da?

Rönisch: Mein Vorgänger Günther Uhlmann und der frühere Chef des Kreisfeuerwehrverbands Wolfgang Brosig haben einen guten Samen gelegt. Sie haben die Jugendfeuerwehrarbeit gefördert und es geschafft, Kinder sehr früh zu gewinnen. Wir rekrutieren unsere Feuerwehrkräfte im Kreis zu über 90 Prozent aus dem Nachwuchs. Daran kann man nahtlos anknüpfen.

Können die aktuellen Qualitätsstandards langfristig gehalten werden?

Rönisch: Das ist eine große Herausforderung. Wir haben strukturstarke und strukturschwache Gemeinden. Es gilt, einen Ausgleich zu schaffen, immer wieder die Hand zu heben und zu sagen: Tut etwas für den strukturschwachen Raum. Das reicht nicht über Ausgleichsstockmittel oder die offizielle Bezuschussung der Feuerwehren. Da muss es noch andere Quellen geben.

Feuerwehren sind gesellschaftliche Anker. Technisch und fachlich immer auf der Höhe zu sein, kommt die Allgemeinheit aber auch teuer zu stehen. Wo können Feuerwehren sparen?

Rönisch: Bei den Feuerwehren zu sparen würde bedeuten, an der Sicherheit des Bürgers zu sparen. Deshalb können wir da auf keinen Fall sparen. Wir müssen die Landesvorgaben erfüllen: Sind wir rechtzeitig an der Einsatzstelle mit genügend Leuten und ist das rund um die Ohr möglich? Dazu reicht nicht nur modernes feuerwehrtechnisches Gerät, sondern wir brauchen gut qualifizierte Männer und Frauen. Die Feuerwehren müssen deshalb viel in die Ausbildung investieren.

Abteilungen werden bis in kleinste Orte aufrechterhalten. Ist das nötig?

Rönisch: Die andere Frage ist: Bräuchte nicht jedes Dorf einen Laden, einen Arzt, eine Schule, einen Seelsorger? Und jetzt wollen wir die Feuerwehren abschaffen? Das ist der falsche Weg. Die Feuerwehr hat als fast letzter Garant neben den Vereinen noch die Funktion, das Gemeinwesen zusammenzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Bürger beschützt sind. Etwa bei schweren Unwettern, wenn Straßen durch Bäume versperrt sind und sonst keine Hilfe mehr in die Orte kommt.

Fusionen sind auch bei der Feuerwehr ein heißes Thema. Im Kreis Heilbronn sind bereits Abteilungen zusammengegangen. Bald auch hier?

Rönisch: Es gibt gute Tendenzen in diese Richtung, die ich unterstütze. Wie zum Beispiel in Baumerlenbach, wo gerade ein neues Gerätehaus gebaut wird. Man muss das aber so klug machen, dass die Ortsteile gleichberechtigt sind an der Teilhabe der einen Feuerwehr und am Schutz der eigenen Bürger. Das gilt für den gemeinsamen Standort eines Feuerwehrhauses. Und das gilt für Fahrzeugkonzepte, die man zusammenführen könnte.

Werden Fusionen auch über Gemeindegrenzen wahrscheinlicher?

Rönisch: Im Großen glaube ich eher nicht, denn wir haben die Vorgaben des Landes und Eintreffzeiten einzuhalten. Dazu gibt es klare Bedarfspläne. Gerade der Hohenlohekreis wächst enorm. Industrieansiedlungen, kleine und mittelständische Unternehmen müssen beschützt werden, Privatleute und historische Gebäude sowie Stadt- und Gemeindekerne. Das geht nur in größeren Gemeindeeinheiten.

Der Klimawandel stellt die Feuerwehren vor neue Herausforderungen. Wenn Stürme und Starkregen zunehmen, müssen Sie gewappnet sein.

Rönisch: Das wichtigste ist, zusammenzuarbeiten: fachlich und kommunal. Wenn es nicht anders geht, müssen mehrere Kräfte zusammengezogen werden. Wir überarbeiten auch gerade die Alarmpläne. Im Kreis gibt es eine Sicherheitsallianz. Alle Blaulichtorganisationen treffen sich zweimal im Jahr und stimmen sich ab. Wir schulen die Führungskräfte zu solchen Lagen. Auch Dürre und Trockenheit sind zu beachten. Dafür müssen wir uns breiter aufstellen, aber auch an die Eigenverantwortlichkeit der Bürger appellieren: beim Verbrennen von Reisig, Beaufsichtigen von Lagerfeuern, Umgang mit Zigaretten im Wald oder Verbrauch von Trinkwasser.

Die Digitalisierung ist auch bei den Feuerwehren ein großes Thema.

Rönisch: Das Land hat die Initiative ergriffen, alle Leitstellen zu digitalisieren. Wir können also in den nächsten Jahren davon ausgehen, dass wir Digitalfunk bekommen. Das andere ist: Wir alarmieren fast als einziger Kreis im Land noch analog. Hier müssen wir ran, denn der Analogfunk wird in den nächsten Jahren abgeschaltet.

Wenn Sie als Kreisbrandmeister gehen: Welchen Titel soll der HZ-Bericht über ihre Verabschiedung haben?

Rönisch: Für euch war ich Kreisbrandmeister, mit euch war ich Feuerwehrmann.

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Torsten Rönisch wurde am 31. Dezember 1970 in Neckarsulm geboren. Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Krankenpfleger und Rettungsdienstassistenten. Als solcher war er beim DRK-Kreisverband Heilbronn. Dann studierte er katholische Theologie in Freiburg und wurde Gemeindereferent in Neckarsulm, seitdem war er Bildungsreferent und Ausbilder an der Landesfeuerwehrschule in Bruchsal.