Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Wenn Verkehrsteilnehmer Feuerwehreinsätze behindern

Stadt- und Landkreis Heilbronnvon Sabine Friedrich, HSt

Die Freiwillige Feuerwehr Talheim beobachtet, dass Verkehrsteilnehmer immer häufiger die Sperrung einer Einsatzstelle ignorieren und damit Einsatzkräfte gefährden. Ein Problem in der ganzen Region.

„Seit einiger Zeit haben wir immer wieder größere Probleme mit uneinsichtigen Verkehrsteilnehmern“, beklagt Robin Scheithauer. Absperrungen würden ignoriert und damit Einsatzkräfte gefährdet oder behindert, schildert der stellvertretende Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Talheim. Einsatzfahrzeuge würden waghalsig überholt, ergänzt er. Kein Phänomen, das auf Talheim beschränkt ist. „Was wir an Einsatzstellen erleben, ist hahnebüchen“, bestätigt Wolfgang Rauh, Gesamtkommandant der Feuerwehr Neckarsulm.

Bei jedem fünften Einsatz

Scheithauer kann seinen Eindruck mit Fakten belegen. Mit einem Kollegen machte er sich die Mühe, die Problematik zu dokumentieren. Bis Mitte September rückten die Talheimer 2020 schon 60 Mal aus. Bei jedem fünften Einsatz trat das Phänomen auf. Explizit wurde es in den Einsatzberichten festgehalten.

Gefährliche Überholmanöver

So am 13. Februar: Bei einem tödlichen Verkehrsunfall auf der B27 versuchten mehrere Autofahrer, an Polizei und Feuerwehr vorbei zu kommen. Nach zehn Metern mussten sie wieder umkehren. Die Einsatzfahrzeuge blockierten die Fahrbahn. Nach Sturmtief Sabine, ebenfalls im Februar, war die Talheimer Feuerwehr alarmiert worden, um einen Baum auf der Kreisstraße zwischen der Waldkreuzung und Untergruppenbach hinter einer Kurve zu beseitigen. Die Anfahrt erfolgte mit verringerter Geschwindigkeit. Ein Autofahrer setzte selbst in den Kurven zu riskanten Überholmanövern an. „Der Autofahrer begibt sich selbst in Gefahr“, kommentiert Scheithauer dieses Verhalten, schließlich wisse der Pkw-Lenker nichts von dem Baum.

Personal muss abgestellt werden

Durch die Unvernunft mancher Verkehrsteilnehmer kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen für die Einsatzkräfte selbst. Sei es beim Aussteigen oder bei Rettungsmaßnahmen im vermeintlich sicheren, weil abgesperrten Bereich. „Wir müssen deutlich mehr Personal für die Absperrungen bereit stellen“, nennt Scheithauer die Konsequenzen. „Und diese Einsatzkräfte fehlen dann dort, wo sie eigentlich benötigt werden.“ Statt zu helfen, müssten sie sich mit Pkw-Fahrern, die sich nicht an die Regeln halten, herumärgern.

Einsatzkräfte werden auch beschimpft

Und diese vergreifen sich dann teilweise im Ton, wie Wolfgang Rauh aus seiner Erfahrung berichtet. „Wir hatten schon Lkw-Fahrer, die uns beschimpft haben. Aber das prallt an uns ab“, sagt Jürgen Vogt, Sprecher der Feuerwehr Heilbronn. Im Berufsverkehr seien die Leute weniger bereit, eine Einsatzstelle zu umfahren, fährt er fort. Termindruck werde oft als Ausrede vorgebracht. Man habe die Absperrung nicht gesehen, nennt Rauh ein anderes Beispiel. Oder diese werde als Willkür empfunden, heißt es aus der Pressestelle des Polizeipräsidiums Heilbronn.

Für Scheithauer ist das ungebührliche Verhalten der betreffenden Verkehrsteilnehmer Ausdruck der Verrohung der Gesellschaft. „Die Leute sind teilweise unverschämt.“ Wahrscheinlich Gedankenlosigkeit, manchmal aber Rücksichtslosigkeit, vermutet Rauh.

Appell an die Vernunft

Der Talheimer stellvertretende Kommandant appelliert an die Vernunft der Verkehrsteilnehmer. Schließlich würden Einsatzstellen nicht abgesperrt, um jemanden zu ärgern. An die Rettungsgassen denken, nicht nur auf der Autobahn, sondern auch im Stadtgebiet, das wünscht sich Jürgen Vogt. „Das ist das A und O.“

Fahrer droht eine Anzeige

Was die Feuerwehr beobachtet, gehört auch zum Alltag der Polizei: Es komme oftmals vor, dass Passanten und Verkehrsteilnehmer eine Absperrung missachten oder sie anzweifeln, gibt Manuel Bär von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Heilbronn zur Auskunft.

Die Reaktion der Polizei sei situationsbedingt, sie reiche von der Aufforderung, das Fahrzeug zu wenden bis hin zu einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit. „Aufgrund der Wahrnehmung anderer Aufgaben, beispielsweise die Unfallaufnahme, wird jedoch zumeist ein verkehrserzieherisches Gespräch geführt.“ Der Verkehrsteilnehmer werde auf sein Fehlverhalten hingewiesen und der Grund der Absperrung verständlich gemacht.

Im Notfall ist die Sperrung Sache der Polizei. Diese kann aber die Feuerwehr anweisen, eine Straße zum Beispiel mit Absperrband für Verkehrsteilnehmer abzuriegeln.

Feldwege sind keine Ausweichstrecken

Auch wenn es sich anbieten würde: Es ist verboten, einer Einsatzstelle über einen Feldweg, der nur für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge zugelassen ist, auszuweichen. Da droht laut Bär ein Bußgeld von 20 Euro. Allerdings kann die Polizei einen solchen Weg als Umleitungsstrecke freigeben.

Dürfen Rettungskräfte, die mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs sind, überholt werden? „Ein explizites Verbot besteht nach einschlägigen Urteilen nicht“, antwortet Bär. Allerdings dürften Einsatzfahrzeuge nicht behindert werden. Die Straßenverkehrsordnung regelt, dass Einsatzfahrzeugen mit optischem und akustischem Signal sofort Platz zu machen ist.