Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

Suchergebnis löschen

Mit jeder Schraube per Du

Talheimvon Barbara Barth, HSt

„Mein lieber Scholli„ wundert sich ein Besucher als er hört, dass das Talheimer Feuerwehrhaus fast auf den Tag genau vor einem Jahr eingeweiht worden ist. “Und jetzt schon das neue Fahrzeug, nicht schlecht.„ Beim Tag der offenen Tür am Wochenende steht dieses GWL 2 im Mittelpunkt. Gerätewagen Logistik verbirgt sich hinter den drei Buchstaben. Zwei steht für die größere Version des Magirus-Bullen.

Mit weißem Flieder und roten Gerbera geschmückt, sonnt sich der Hauptdarsteller im Interesse der vielen neugierigen Festgäste. Er ist mit allem bestückt, was für die Wasserversorgung über eine lange Wegstrecke und an sonstigem Material beim Einsatz benötigt wird. Allein 2000 Meter Schläuche stecken in ihm (wir berichteten).

Zu Beginn überreicht Bürgermeister Rainer Gräßle Urkunde und Plakette der Architektenkammer Baden-Württemberg für “Beispielhaftes Bauen„ an Feuerwehrkommandant Gerhard Schmidt und seinen Stellvertreter Markus Schüchtle. Der Preis wird alle fünf Jahre ausgelobt. In diesem Jahr gehört das Gebäude der Stuttgarter Architekten Ursula Hüfftlein-Otto, Maximilian Otto und Sven Wilhelm zu den 14 Auserwählten. Sie sind am Sonntag nach Talheim gekommen und zeigen den Feuerwehrmännern, wo sie die Plakette am besten am Gebäude anbringen können: innen, gleich neben dem Eingang.

Ersatz

Beim Höhepunkt des Festes erinnert Bürgermeister Gräßle daran, dass das neue Auto ein Ersatz für das Löschfahrzeug LF 8 aus dem Jahre 1973 ist: “Es war kein verlässlicher Partner mehr, unterwegs blieb es schon mal stehen.„ Eigentlich hätte es schon 2012 ausgetauscht werden sollen, aber die Feuerwehr wollte den Neubau abwarten. “So wie das Gerätefahrzeug jetzt hier steht, hätte es in das alte Magazin am Kelterplatz gar nicht reingepasst„, sagt Gräßle.

Er schildert die zeitaufwändige Prozedur, bis ein solches Feuerwehrauto endlich an seinem Platz steht. Mitte 2013 Ausschreibung, Ende 2013 Kostenschätzung (rund 275 000 Euro), Januar 2014 Zustimmung des Gemeinderats zur Anschaffung, Antrag auf Zuschuss beim Land. “Alles schien bestens„, schildert Gräßle das Procedere. Erstellung des Leistungskatalogs, europaweite Ausschreibung. Dann die Hiobsbotschaft: Talheim wird bei der Vergabe der Fördergelder nicht berücksichtigt. Doch schon einen Monat später ist alles wieder anders. Neue Fördergelder und schriftliche Zuschusszusage für Talheim über 40 500 Euro. Im April 2015 geht der Auftrag nach Ulm zu Magirus Iveco für 283 000 Euro.

Da ein solches Fahrzeug nicht von der Stange kommt, sondern genau auf die Bedürfnisse der jeweiligen Wehr abgestimmt wird, ist der Aufbau ein Buch mit sieben Siegeln. Zum Glück haben die Talheimer in Kai Hoffmann seit 23 Jahren einen Gerätewart, der mit jeder Schraube per Du ist. “Sein unermessliches Fachwissen und sein Fleiß übertreffen alles, was man von einem ehrenamtlichen Feuerwehrmann erwarten darf„, lobt Gräßle.

Dank Hoffmann habe das neue Fahrzeug gedanklich schon gebaut, ehe es in Auftrag ging. Er und die anderen Mitglieder des Fahrzeug-Ausschusses erhalten vom Gemeindechef im EM-Jahr als Dank das Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Heiner Schiefer, stellvertretender Kreisbrandmeister, gratuliert zum neuen Fahrzeug, das “kein Spielzeug für die Feuerwehr ist, sondern der Sicherheit der Bevölkerung dient„. Uwe Freidinger von Magirus, lobt die “supertolle Zusammenarbeit„.

Das Feuerwehrfest findet alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Talheimer Gassenfest statt. Am Samstagabend haben die Cherries aufgespielt. Am Sonntag segnet der katholische Pfarrer Michael Donnerbauer in einem ökumenischen Gottesdienst den neuen Gerätewagen Logistik.

Wie die Scholle

Wie kann ein Feuerwehrfahrzeug übergeben werden? Bürgermeister Rainer Gräßle erinnert an frühere Eigentumsübertragungen unter Bauersleuten: Der Verkäufer sticht eine Scholle seines Ackers ab, trägt sie über die Grenze, übergibt sie dem Käufer, der wirft sie zurück auf das Grundstück. So will es Gräßle mit dem Feuerwehrauto machen. Er fährt es auf die Straße, übergibt den Schlüssel an Kommandant Gerhard Schmidt, der fährt es wieder zurück aufs Gelände. Einziges Hindernis: Gräßle hat keinen Lkw-Führerschein. Also steigt er auf ein Bobbycar, hoch die Beine, und lässt sich auf die Horkheimer Straße schieben, - Schlüsselübergabe, und Schmidt strampelt unter dem Beifall der Festgäste zurück.

Bild: Gerätewart Kai Hoffmann mit der Tragkraftspritze aus dem neuen Gerätewagen. Sie allein kostet 10 000 Euro. (Foto: Barbara Barth)