Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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"Die Wehren sind hergekommen, damit nichts passiert"

von Anne Väisänen, HSt

Bei einem Brand in einem Behindertenheim sind die Wehrleute besonders gefordert. Gilt es doch, Schwerstbehinderte im Rollstuhl, Blinde, Epileptiker und „Wegläufer“ rasch in Sicherheit zu bringen. Diesen Ernstfall probten jetzt die Feuerwehren aus Obersulm, Lehrensteinsfeld und Ellhofen in der Wohnanlage der evangelischen Stiftung Lichtenstern im Friedrichshof.
„Hauptsache ist, dass wir die Barriere vor den Behinderten abbauen “, erläutert Michael Schepperle, stellvertretender Kommandant der FFW Obersulm. Deswegen habe man bei der Einsatzübung mit Absicht auf die Atemschutzgeräte verzichtet, denn man wolle einen Kontakt zu den behinderten Menschen aufbauen.

Der Ausgangspunkt der Feuerwehrübung ist folgender: In der Behinderten-Wohnanlage steht ein Haus in Flammen. Zwei Puppen - eine liegt in einer Badewanne, die andere befindet sich in einem Schrank - müssen geborgen werden.

Der simulierte Einsatz entspricht einer realen Situation, denn die Wehrleute müssen hierzu mehrere Räume durchsuchen - und sehr konzentriert vorgehen. Denn der Sauerstoff reicht nur für einen 20-minütigen Einsatz. „Die Koordination ist das A und O, sonst geht alles schief“, weiß Reinhold Gall aus der Führungsgruppe, der vom Einsatzwagen aus den Überblick über den Einsatzablauf behält. Die Feuerwehr-Abteilungen aus Eichelberg und Weiler sind als Erste angerückt und positionieren ihre Löschfahrzeuge auf der Wiese, die Einfahrt muss frei bleiben.

„Bei einem richtigen Einsatz geht es ums nackte Leben, da ist der geordnete Aufbau wichtig“, sagt Gall. Wehrleute der FFW Ellhofen und Lehrensteinsfeld beginnen derweil, Wasserleitungen zum angrenzenden Freibad (auf der Anlage der Drogenhilfe Tübingen) zu legen.

Grund: Der Wasserdruck der vier Hydranten reicht für die Löscharbeiten nicht aus. Währenddessen haben sich die Obersulmer Kameraden mit Tragetüchern und Wolldecken ausgerüstet, um sich um die Behinderten aus dem Wohnheim zu kümmern. Eine vorbeugende Evakuierung des anliegenden Wohngebäudes mit zum Teil schwerstbehinderten Insassen ist notwendig.

Sechs Wohngruppen mit jeweils neun Personen sind hier untergebracht, alle müssen in kürzester Zeit zu einem Sammelort gebracht werden. „ Manche umarmen uns und manche blockieren total“, erklärt Michael Schepperle. Doch es lassen sich alle Behinderten bereitwillig unter die Arme greifen und vertrauensvoll von den Floriansjüngern aus ihrem Wohnheim führen.

„Dass es so ruhig abläuft, das hätte ich nicht gedacht“, meint Wilfried Lederer. Er ist Abteilungsleiter der Zweigeinrichtung der evangelischen Stiftung Lichtenstern. Der Heilpädagoge findet es sehr wichtig, dass von beiden Seiten Berührungsängste abgebaut werden. Für manchen Behinderten scheint der Übungseinsatz sogar eine willkommene Abwechslung zu sein. Neugierig fragen sie die Wehrleute nach ihrer Ausrüstung. Heimbewohner Heinz Fritz zeigt sich total gelassen. „ Die sind hergekommen, damit nichts passiert.“

Bei der abschließenden Manöverkritik im Feuerwehrmagazin in Willsbach gibt es einhelliges Lob vom Kommandanten und Einsatzleiter Reiner Frisch für das souveräne Verhalten gegenüber den Behinderten. „Ihr habt alle eine hervorragende Ruhe ausgestrahlt“, sagt auch dessen Stellvertreter Michael Schepperle.

03.07.2003