Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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"Brände gelegt, um Feuerwehrmann zu sein"

von Wolfgang Müller, HSt

Zehn Mal hatte Christian H. Ende Juli im Raum Mosbach Scheunen, Hütten, Heu- und Strohballen in Brand gesteckt. Die Jugendkammer des Landgerichts Mosbach verurteilte den so genannten Feuerteufel dafür zu dreieinhalb Jahren Gefängnis.
„Zum Medienstar im Sommerloch“ hätte sich der Angeklagte entwickelt, sagte Richter Ernst Mißler. Auch zwei Monate später war das Interesse an dem Mosbacher groß. Die Zuschauersitze im Gerichtssaal waren vollständig belegt. In den Verhandlungspausen liefen Fernsehkameras, die Stifte zahlreicher Journalisten waren gespitzt.

Aussagen wollte der 19-Jährige während der Verhandlung. Bereits bei der polizeilichen Vernehmung war er geständig. Zusammenhängende Sätze kamen ihm aber kaum über die Lippen. Fragen beantwortete der sichtlich bedrückte Angeklagte beinahe konstant einsilbig. Ob er ein Streichholz benutzt habe? „Ja.“ Ob er sich der Gefahren bewusst gewesen sei? „Nein.“

Viel mehr vermochte der Angeklagte nicht zu sagen. Außer, dass er die Brände gelegt habe, um endlich einen Einsatz als Feuerwehrmann zu haben. Kurz zuvor war der Mosbacher nämlich von der Jugend- in die Freiwillige Feuerwehr gewechselt. Sieben Mal hatte der Deutsche mit dieser Strategie Erfolg und durfte bei den Löscharbeiten seiner eigenen Brände „die Schläuche aus- und zusammenrollen“. Warum er denn dann zwei Brände außerhalb seines Einsatzgebietes gelegt habe? „Weiß nicht.“

Dass der Angeklagte der Feuerteufel sei, der sich rächen oder Schaden anrichten will, mochte selbst Oberstaatsanwalt Martin Zöllner nicht unterstellen. Vielmehr folgte er weitgehend den Ausführungen der Jugendamtvertreterin. Die beschrieb den seit Mitte August in Untersuchungshaft befindlichen Mann als „introvertierten Menschen, der in einer Traumwelt lebt und gebraucht werden will“.

Tatsächlich hatte der schmächtige Mann auch seinen Freunden immer wieder etwas vorgelogen. Etwa als er behauptete, er sei bei der Bundeswehr und müsse in den Irakkrieg ziehen. Oder, dass er bei der Marine in die weite Welt fahre. Kurz davor hatte ihn das Kreiswehrersatzamt ausgemustert.

Auf einen psychologischen Gutachter hatte das Gericht verzichtet. Immerhin hatte der nicht vorbestrafte Christian H. bis dahin einen makellosen Lebenslauf. Von seinen Adoptiveltern war er wie ein leiblicher Sohn in die sechsköpfige Familie aufgenommen worden. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Lehre als Straßenwärter und eine Einstellung bei der Mosbacher Straßenmeisterei. Auch sein Feuerwehrkommandant beschrieb den Angeklagten als „absolut zuverlässig“.

Mit dreieinhalb Jahren Haft blieb die Jugendkammer sechs Monate unter der Forderung des Anklagevertreters. „Sie haben an die Urängste eines jeden Menschen appelliert, sagte der Richter, der diese Strafe “wegen der Schwere der Schuld„ aussprach. Darüber hinaus müsse er für den angerichteten Schaden aufkommen, “auch wenn es das ganze Leben lang dauert„. Der beträgt weit über 150 000 Euro.

26.09.2003